Während Smart Speaker in immer mehr Haushalte einziehen und Podcasts einen regelrechten Boom erleben, lässt sich im Marketing ein Trend hin zu Sprachinhalten beobachten. Die neue Disziplin nennt sich Voice Marketing und bringt einige Herausforderungen mit sich.
Egal ob Siri, Alexa oder Cortana – Sprachassistenten auf dem Smartphone, Computer oder als Smart-Home-Device werden immer häufiger genutzt. Laut der Postbank Digitalstudie nutzten im Jahr 2020 45 Prozent der Deutschen digitale Sprachassistenten, 13 Prozent mehr als im Vorjahr. Bis zum Jahr 2022 dürften die Nutzungszahlen erneut spürbar angestiegen sein. Der Trend zu Audioformaten hat die Frage aufgebracht, ob Sprachassistenten und Smart-Home-Devices auch für Marketingzwecke genutzt werden könnten. Aktuell scheinen deutsche Marketingexperten allerdings noch nicht so recht zu wissen, was sie von diesem Trend halten sollen.
Bisher sind Marketingverantwortliche in der Branche eher den klassischen Mix aus Bild, Ton und Text gewöhnt. Der neue Trend hin zu Sprachinhalten macht zwar neugierig, doch es mangelt an konkreten Ideen für eine zielgruppengerechte Umsetzung. Voice Marketing funktioniert über die gesprochene Sprache und kann als Teildisziplin des Audiomarketings angesehen werden. Allerdings gestaltet sich die Versprachlichung von Inhalten oftmals schwierig und bedarf ausgeklügelter Konzepte.
Warum sollten Unternehmen sich trotzdem mit Voice Marketing auseinandersetzen? Auditive Kommunikationskanäle bieten den Vorteil, dass sie besonders emotional und zugleich barrierefrei sind. Stimmbasierte Botschaften werden weitaus intensiver wahrgenommen als reine Bild- oder Textinhalte. Lesen ist eine Fähigkeit, die erlernt und aktiv praktiziert werden muss, das Hören hingegen funktioniert passiv und kann auch nicht unterbunden werden.
Zudem erhält ein Unternehmen durch Voice Marketing buchstäblich eine Stimme und kann so mehr Kundennähe herstellen. Auch Podcasts zahlen auf das Image ein, da sie innovativ wirken und den Eindruck vermitteln, dass ein Unternehmen am Puls der Zeit ist. Gut recherchierte Themen, qualitative Diskussionen und fundierte Wissensvermittlung tragen daher dazu bei, dass Unternehmen sich als Thought Leader positionieren und eine Expertenrolle einnehmen können.
Voice Marketing – welche Ansätze gibt es?
Wie bereits erwähnt gibt es derzeit kaum Konzepte oder Best-Practice-Beispiele, die einen verlässlichen Eindruck davon vermitteln, wie sich Voice Marketing am besten umsetzen lässt. Ein Grund, sich trotzdem mit dieser neuen Disziplin zu beschäftigen, ist die nachweislich hohe Wirkkraft von Audioinhalten. Laut einer Studie des Podcast-Marketing-Unternehmens Julep und der Mediaagentur pilot ist die Werbeakzeptanz von Podcast-Hörern im Vergleich zu der von Nutzern anderer Medien sehr hoch, was insbesondere auf Gestaltung, Konzeption und Positionierung einer Podcast Ad zurückzuführen ist. Audiowerbung, die von einem Podcast-Host eingesprochen wird, wirkt generell persönlicher und emotionaler und wird als weniger störend wahrgenommen. Hier erfahren Sie mehr über Podcast Marketing.
Darüber hinaus haben Unternehmen die Möglichkeit, eigene Sprachassistenten zu entwickeln. In Schriftform wird das mit Hilfe von Chat-Bots bereits umgesetzt. Sprachassistenten können bestehenden Kunden dabei helfen, die Services eines Unternehmens besser zu nutzen, oder potenzielle Kunden durch besondere Benutzerfreundlichkeit und Beratungskompetenz überzeugen. So entsteht innerhalb eines Produktes oder einer Dienstleistung ein persönlicher, emotionaler und situativer Kontext. In jedem Fall wäre ein unternehmenseigener Sprachassistent ein Alleinstellungsmerkmal, das die Wahrnehmung der Produkte und Services erheblich verbessern könnte.
Wer Voice Marketing erfolgreich umsetzen will, muss sich eine zentrale Frage stellen: Welche Inhalte können versprachlicht werden? Hier sind Kreativität und Einfallsreichtum gefordert. Oft muss gleichzeitig ein Bildschirm vorhanden sein, um Inhalte anzeigen und hörbar machen zu können, da reine Audiogeräte (bis auf das Radio) für Werbetreibende derzeit nur schwer zugänglich sind.
Zudem müssen entsprechende Touchpoints zur Zielgruppe vorhanden sein. Anzeigen, die über einzelne Sprachassistenten oder Smart-Home-Devices geschaltet werden, erreichen nur Personen, die diese Geräte auch nutzen. Daher lassen sich so nur spezifische Zielgruppen ansprechen. Schon allein deshalb ist Voice Marketing derzeit nicht für jedes Unternehmen aus jeder Branche geeignet. Die Postbank Digitalstudie von 2019 fand beispielsweise heraus, dass insbesondere junge Menschen und Familien Sprachassistenten nutzen und Smart-Home-Devices besitzen. Ältere Menschen scheinen auf diese Weise also weniger gut erreichbar zu sein.
Voice Ads
Werbliche Inhalte in Sprachassistenten oder auf Audioplattformen lassen sich meist nur in Form von Anzeigen platzieren, den sogenannten Voice Ads. Werden diese interaktiv gestaltet, wird ein Dialog zwischen Anzeige und Zielperson hergestellt. Beispielsweise könnte der Zuhörer über eine Anzeige gefragt werden, ob er mehr über ein Produkt erfahren möchte. Lautet die Antwort „Ja“, reagiert die interaktive Voice Ad mit den entsprechenden Informationen oder automatisierten Aktionen, wie dem Download einer App. Lautet die Antwort „Nein“, wird die Anzeige beendet und der Podcast oder die Musik wird fortgesetzt. Die Anzahl der positiven oder negativen Antworten kann hinterher ausgewertet werden, um so den Kampagnenerfolg zu evaluieren.
Diese Art der Kommunikation wird bereits von Unternehmen genutzt, die einen telefonischen Kundenservice anbieten. So wird häufig noch vor dem eigentlichen Telefonat automatisiert abgefragt, welches Anliegen ein Anrufer hat. Dies zählt zwar nicht als aktive Werbung, doch die Sprachautomatisierung verbessert den Service, da Kundenanliegen schneller eingeordnet, bearbeitet und geklärt werden können.
Bei Voice Ads spielt insbesondere das „Sonic Branding“ eine Rolle, also der Transport der Markenidentität über Stimmen oder Musik. Ein „Sonic Logo“ ist ein Logo, das mit einem Ton hinterlegt wird, der immer angespielt wird, wenn es erscheint. Das beste Beispiel hierfür ist der Windows-Soundeffekt. Markeneigene Sounds sollten das physische Gefühl des Betretens eines Geschäfts simulieren. Die Firma Instreamatic hat sich auf Voice Ads spezialisiert und will den ewigen Werbemonolog der Marken in einen Dialog mit der Kundschaft transformieren. Es ließ sich beobachten, dass Verbraucher auf interaktive Voice Ads positiver reagieren als auf zahlreiche andere Werbeformate.
Voice Marketing und SEO
Auch wenn es mitunter schwierig ist, Inhalte zu versprachlichen und eigene Kanäle für das Voice Marketing einzurichten: Bereits bestehende Inhalte können für die Google-Suchen mit Hilfe von Sprachassistenten optimiert werden. Hierbei ist es wichtig, den Fokus auf Mobile Content zu legen, da Siri, Google Assistant und Co. vor allem auf Smartphones zur Anwendung kommen.
Zunächst müssen relevante Keywords identifiziert werden, die dem tatsächlichen Sprachgebrauch entsprechen, denn Suchanfragen per Spracheingabe sind meistens länger und werden anders formuliert als getippte Anfragen. Diese sogenannten Long-Tail-Keywords sind hier spezifischer als kurze Schlüsselbegriffe und besonders sprachfreundlich. Ausformulierungen und Details sind ebenfalls wichtig, wenn man eine sprachorientierte SEO-Strategie verfolgen will.
Darüber hinaus ist es erstrebenswert, bei den Google-Suchergebnissen auf der „Position Null“ zu landen und als ausformulierter Textabschnitt über allen anderen Ergebnissen angezeigt zu werden. Dies gelingt besonders häufig, wenn eine Suche in Form einer Frage formuliert wird. Oft erscheinen dann Texte von FAQ-Seiten, die bereits ausformulierte Fragen beantworten. Griffige Antworten auf der eigenen Website bereitzustellen, begünstigt daher die Entstehung von diesen Featured Snippets. Diese werden auch bei Suchen, die per Spracheingabe erfolgen, angezeigt. Noch gibt es allerdings keine Rankingfaktoren für gesprochene Sprache.
Fazit – lohnt es sich?
Die Technik für die Realisation von Voice-Kampagnen ist zwar vorhanden, doch es gibt noch nicht genügend Inhalte, die sprechbar gemacht wurden. Zudem steht ein Großteil der Marketing-Welt dem Trend bisher noch skeptisch gegenüber. Da Sprachassistenten und Smart-Home-Devices aber wahrscheinlich auch zukünftig immer beliebter werden, lohnt es sich, das Thema Voice Marketing zeitnah anzugehen – nicht umsonst ist bereits von einem „Internet of Voice“ die Rede. Der Audiomarkt hält viele Werbemöglichkeiten bereit, die nicht ungenutzt bleiben sollten.