Auch knapp ein Dreivierteljahr nach dem Launch von ChatGPT hält der Hype um Künstliche Intelligenz an. Immer mehr Menschen nutzen generative KI-Anwendungen und integrieren sie in ihre Arbeits- und Lebenswelten. Meist dauert es nicht lange, bis Werbetreibende neu aufkommende Plattformen für sich entdecken. Könnten wir innerhalb von Programmen wie ChatGPT und Co. bald mit Werbeanzeigen (KI-Ads) konfrontiert werden?
Wenn ein Medium von vielen Menschen genutzt wird, gerät es früher oder später in das Visier von Werbetreibenden. So war es bei Zeitungen und Magazinen, beim Internet und schließlich auch bei den Sozialen Medien. Die Werbeobjekte entsprechen dem thematischen Umfeld des Mediums: Modemagazine beinhalten Anzeigen für die neuste Trendkleidung, DIY-Blogs werben für effizientes Werkzeug und Sport-Influencer:innen präsentieren ihre neuen Protein-Shakes auf Instagram. Nahezu überall werden wir mit sorgfältig kuratierter Werbung konfrontiert.
Gerade KI-Anwendungen stehen aktuell im Fokus vieler Nutzer:innen und Unternehmen. Wird KI also die nächste Plattform für persönliche Werbung? Und wie könnten Anzeigen aussehen, die in Zukunft in KI-Programmen geschaltet werden?
KI und Werbung: Ein altbekanntes Duo
Was vielen nicht bewusst ist: Künstliche Intelligenz wird bereits seit einigen Jahren eingesetzt, um Werbeanzeigen effizient zu platzieren und auszuspielen. Hier einige Beispiele:
- Plattformen wie Facebook und Instagram verwenden KI, um Anzeigen an Nutzer:innen auszuspielen, die an den beworbenen Produkten oder Dienstleistungen interessiert sind. Die Auswahl der Ads basiert auf ihrem Verhalten und ihren Interaktionen auf der Plattform.
- Im Programmatic Advertising kaufen Werbetreibende mithilfe von KI-Algorithmen Anzeigenplätze. Diese Algorithmen berücksichtigen Daten wie das Nutzerverhalten, Standort und Demografie, um die Anzeigenplatzierung und das Budget zu optimieren.
- KI kann auch zur Erstellung von Retargeting-Anzeigen verwendet werden. Wenn jemand eine Website besucht und sie wieder verlässt, kann KI verfolgen, welche Produkte oder Seiten angeschaut wurden und personalisierte Anzeigen dafür auf anderen Websites oder Plattformen erstellen.
- In SEM-Kampagnen wie Google Ads nutzt man KI-Algorithmen zur Optimierung von Schlüsselwörtern und Anzeigentexten eingesetzt, um die Click-Through-Rate (CTR) und die Konversionsraten zu erhöhen. Außerdem passt die KI Gebotsstrategien automatisch an, um das Budget besser zu nutzen. Dies nennt man “Smart Bidding”.
KI-Ads – wie könnte das funktionieren?
Der Einsatz von KI zur Platzierung und Optimierung von Werbung ist also nichts Neues. Aber wie sieht es aus, wenn Künstliche Intelligenz nicht mehr nur als Mittel zu Ad-Platzierung eingesetzt wird, sondern in Form einer Anwendung als Trägermedium für Anzeigen fungiert?
Nehmen wir als Beispiel ChatGPT von OpenAI: Sobald ein Prompt eingegeben wird, stellt das Programm in kurzer Zeit passende Texte oder Inhalte bereit. Neben den organisch generierten Ergebnissen könnten zum Beispiel auch thematisch verwandte, aber gesponserte Inhalte ausgespielt werden, die entsprechend als Werbung gekennzeichnet werden. Beispielsweise könnten Chatbots, die spannende Themen für Social-Media-Kanäle zusammenstellen, auch den Kauf eines kostenpflichtigen Content-Kalenders vorschlagen.
Ähnlich funktioniert das bei Sprachassistenten wie Siri, Google Assistant oder Alexa: Sie könnten gesponserte Antworten auf Nutzerfragen erstellen und etwa bei Fragen nach Rezepten eine Zutatenliste mit Produkten bestimmter Marken empfehlen.
Auch mithilfe von Augmented-Reality-Apps ließen sich KI-Ads darstellen, zum Beispiel durch Produktplatzierungen, die mit der realen Welt verschmelzen. Beim Blick durch Ihre AR-Brille könnten Sie Werbebanner oder Produkte in Ihrem Sichtfeld sehen. Nutzer:innen könnten interaktive Erfahrungen mit den beworbenen Produkten machen und diese gegebenenfalls virtuell testen.
In öffentlichen Bereichen wie Flughäfen oder Einkaufszentren ließen sich KI-Systeme mit Gesichtserkennung nutzen, um personalisierte Werbebotschaften auf digitalen Werbetafeln einzublenden, wenn Passant:innen an diesen vorbeigehen. Allerdings würde diese Art von KI-gestützten Kampagnen auf Widerstand stoßen, da die Personalisierung ausschließlich auf Basis äußerer Merkmale wie Geschlecht, Körpergröße, Kleidungsstil oder mitgeführter Gegenstände erfolgt. Hier könnte es also schnell zu KI-Bias und oberflächlichen Vorurteilen kommen. Dennoch ist es eine spannende Vorstellung, im Einkaufszentrum Werbung für an die eigene Haarfarbe abgestimmte Outfits angezeigt zu bekommen.
Noch Zukunftsmusik, aber nicht undenkbar: In selbstfahrenden Autos könnten Werbeanzeigen auf den Innenflächen des Fahrzeugs angezeigt werden, da die Insassen mehr Zeit haben, auf Bildschirme zu schauen. Hierbei sollte die Sicherheit im Straßenverkehr stets Vorrang haben.
KI-Ads im Ohr: Audio-Plattformen wie YouTube oder Spotify könnten Werbeunterbrechungen basierend auf dem individuellen Musik- oder Videokonsum generieren. Ähnliches wird bereits mithilfe von „Sympaphonic Ads“-Kampagnen realisiert. Die „Shapeshifing“-Technologie von Apples AI Music passt den Sound einer digitalen Anzeige an die Vorlieben der jeweiligen Betrachter:innen an.
Nicht zuletzt gibt es auch im Haushalt Potenziale für KI-Werbung, etwa durch einen intelligenten Kühlschrank, der Werbung für Lebensmittelprodukte anzeigt, die in seinem Inneren zur Neige gehen.
Fazit: KI-Anwendungen können zu Werbeträgern werden
Aufgrund ihrer wachsenden Popularität ist es durchaus möglich, dass KI-Anwendungen künftig verstärkt als Werbeplattformen genutzt werden. Insbesondere Datenschutzfragen im Hinblick auf eine sich abzeichnende Hyperpersonalisierung könnten der Künstliche Intelligenz in ihrer Entwicklung zum Werbemedium Steine in den Weg legen.
Einige der oben genannten Beispiele für die Implementierung von KI-Ads müssen technologisch noch weiterentwickelt werden, um verlässlich in der Lage zu sein, Anzeigen auszuspielen – beispielsweise der intelligente Kühlschrank oder das selbstfahrende Auto. Mit solch einer Entwicklung ist im Jahr 2023 noch nicht zu rechnen.
Außerdem ist es wichtig, zunächst die Resonanz der Zielgruppen auf KI-Ads zu evaluieren. So ist beispielsweise denkbar, dass Werbung über Sprachassistenten wie Siri oder Alexa bei den Nutzer:innen auf viel Widerstand trifft. Ein Blick in die Vergangenheit zeigt: Neue beliebte Anwendungen bleiben langfristig nur selten werbefrei.