Videokonferenzen, kreatives Arbeiten an Online-Flipcharts, gemeinsame virtuelle Mittagspausen – seit acht Wochen arbeitet pressrelations schon im Homeoffice. Wie hat die Coronakrise die Arbeit verändert? Wie gehen Kunden mit der Krise um? Und wie sieht Medienbeobachtung in Zukunft aus? Darüber haben wir mit Fady El-Murr, Geschäftsleiter und Gründer von pressrelations, gesprochen.
Die Coronakrise lässt uns seit Wochen die Luft anhalten – wie geht pressrelations mit der Situation um?
Unsere Erfahrungen sind bisher zum Glück sehr positiv. Wir arbeiten schon seit einigen Jahren in agilen Strukturen – und es zeigt sich gerade jetzt, dass dies extrem hilfreich für die digitale Zusammenarbeit ist. Als sich der Shutdown im März abzeichnete und wir unsere 200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von heute auf morgen bitten mussten, von zu Hause aus zu arbeiten, lief das an allen unseren Standorten im In- und Ausland einwandfrei ab. Die Kolleginnen und Kollegen haben die Arbeit dezentral und in voller Verantwortung übernommen und einfach weitergemacht. Diese Flexibilität jedes Einzelnen, die Solidarität und der Zusammenhalt untereinander sind wirklich großartig und kommen natürlich auch unseren Kunden zugute.
Wie hat sich die Arbeit seitdem verändert?
Unsere erste Mitarbeiterversammlung am dritten Tag nach dem Shutdown verdeutlicht das ganz gut: Alle waren online zugeschaltet und es war toll, so viele Gesichter auf einem Screen zu sehen. Trotz der Distanz verlief das Meeting sehr effizient und effektiv. Unsere täglichen Stand Ups sowie Retrospektiven halten wir seitdem virtuell ab. Tools wie Miro machen sogar ein gemeinsames, kreatives Arbeiten an Flipcharts möglich.
Für Familien ist es natürlich ein Balanceakt, im Homeoffice zu arbeiten und gleichzeitig die Kinder zu betreuen, zu unterrichten und zu beschäftigen. Wir versuchen, hier so viel Freiraum in der Arbeitsgestaltung wie nötig zu schaffen. Die einzelnen Teams koordinieren sich selbst und entscheiden auch darüber, wie sie sich untereinander vertreten. Wenn die familiäre Belastung zu groß wird, finden wir individuelle Lösungen. Der Wegfall der sozialen Kontakte im Büro ist für alle nicht einfach. Es haben sich dadurch aber auch neue Formen des digitalen Austauschs entwickelt – z.B. ein virtueller Random Lunch oder Chats zu Freizeitideen und Kinderbetreuung.
Gibt es noch weitere Beispiele?
Die Kommunikation mit den Kunden hat sich ebenfalls verändert. Statt der herkömmlichen Telefonie, ist die Videotelefonie in den Vordergrund gerückt. Meetings und Gespräche sind dadurch viel persönlicher geworden – z.B. dann, wenn im Call plötzlich die Kinder durchs Bild laufen. Die Coronakrise lässt neue private Facetten sichtbar werden und schafft so auch ein Stück weit Nähe. Zwar ersetzt das nicht den persönlichen Kontakt – doch bin ich mir sicher, dass diese Erfahrungen langfristig einen wichtigen Einfluss auf unser Arbeitsleben haben werden. Wir lernen gerade viele Dinge, die vorher einfach undenkbar gewesen wären.
Wie gehen eure Kunden mit der Coronakrise um?
In den ersten Wochen war das Bedürfnis nach Austausch enorm groß. Egal ob Kunde oder Dienstleister – wir teilen ja alle das gleiche Problem und müssen mit einer Situation umgehen, die es hier vorher so noch nie gegeben hat. Die Kunden hatten viele Fragen: „Wie macht ihr das im Homeoffice?“ oder „Welche Tools nutzt ihr für die virtuelle Zusammenarbeit?“. Manche Branchen hat es besonders hart getroffen – beispielsweise Messen, Event- und Tourismusunternehmen. Viele Unternehmen entscheiden sich aber dafür, gerade jetzt Gas zu geben und für die Zeit nach der Coronakrise in Kommunikation und Marketing zu investieren.
Wie unterstützt ihr eure Kunden in dieser Situation?
Momentan herrscht eine regelrechte Corona-Infodemie, in der sich Kunden vor allem Orientierung und solide, gut strukturierte Informationen wünschen. Und genau da setzen wir an – sei es mit Newsroom-Lösungen, die in Zeiten von Homeoffice relevanter werden oder mit Echtzeitanalysen, die ad hoc benötigte Informationen liefern. Prädiktive Analysen wie die FirstSignals-Methode unterstützen Kunden zudem, auf das richtige thematische Pferd zu setzen und neue, aufkeimende Themen und Trends frühzeitig zu erkennen und für die Kommunikation und Krisenbewältigung zu nutzen.
Es gibt auch kostenlose Krisen-Angebote, die wir extra für Unternehmen, Verbände und Institutionen geschaffen haben – zum Beispiel Corona-Infoboards oder News-Alerts zu den wirtschaftlichen und finanzpolitischen Auswirkungen der Pandemie.
Welche Folgen wird die Coronakrise auf die Monitoringbranche haben?
Medienbeobachtung ist recht krisensicher, da gerade in Krisenzeiten ein gutes Krisenmonitoring wichtig für PR und Marketing ist. Momentan befindet sich der Markt im Stillstand, d.h. es gibt kaum Neugeschäft, aber auch wenig Absprünge. Insgesamt ist zu beobachten, dass die Branche radikal digitaler wird. In Großbritannien geben bereits die ersten Verlage auf. Auch deutsche Verlagshäuser haben mit ihren Printangeboten zu kämpfen.
Im Gegenzug gewinnen Online, Social Media und TV massiv dazu und die Informationsvielfalt explodiert. Mediziner, Virologen – alle haben etwas zu Corona zu sagen. Mathematiker, die man vorher nie gehört hat, teilen ihre Meinungen zu Berechnungsverfahren mit. Das birgt große Unsicherheiten und ruft Unternehmen auf den Plan, die in der Lage sind, durch diese Morphologie der Informationen zu navigieren. Wir erleben gerade eine digitale Zukunft, die wir hier und jetzt mitgestalten können.
Vor welchen Herausforderungen stehen Anbieter anderer Länder?
Mit unseren Partnern aus der GMI – dem Verbund von inhabergeführten Unternehmen aus Italien, Belgien, Großbritannien, Spanien und Südafrika – stehen wir in engem Kontakt. Besonders spannend sind die Berichte aus Italien, da diese unsere Zukunft in den nächsten Wochen beschreiben. In allen Märkten sind die Kunden ihren Anbietern treu, was für Stabilität sorgt, aber Neugeschäft schwierig macht.
Bei internationalen Anfragen unterstützen wir uns gegenseitig. Die Kunden profitieren davon, dass wir ein sehr eng kooperierender Verbund sind, deren Mitglieder die gleichen Werte teilen. Geschwindigkeit und kurze Wege machen hier vor allem für international agierende Kunden den Unterschied. Alle Partner befinden sich derzeit in einer schwierigen Marktumgebung. Ein Lichtblick ist die Situation in Italien, die sich täglich zu verbessern scheint. Aber für 2020 erwarten alle eine unsichere Zeit.
Welche Chancen siehst Du für die Zukunft?
Die Coronakrise hat Veränderungen auf vielen Ebenen gebracht – die Bedingungen, unter denen wir leben und arbeiten, die Wege, über die wir Produkte erwerben, und die Art, wie wir Medien konsumieren.
Unsere Rolle sehen wir vor allem darin, unseren Kunden Orientierung im aktuellen Mediengeschehen zu bieten, Wissen und neue Trends zu entdecken und Wichtiges von Unwichtigem zu unterscheiden. Die Krise bedeutet für uns und die gesamte Branche daher auch eine große Chance: Wir können uns im Umgang mit Infodemien und Fake News noch stärker positionieren und unsere Kunden beraten und begleiten.
pressrelations hat schon sehr früh einen agilen und digitalen Weg gewählt. Beides hat uns in dieser Krise ungemein geholfen. Wirklich wichtig aber ist die wertschätzende Kultur des Miteinanders, die wir im Unternehmen pflegen. Besonders in Krisen zeigt sich diese Qualität. Als Unternehmen in der Lage zu sein, sich radikal veränderten Umweltbedingungen schnell und flexibel anzupassen und füreinander einzustehen – das ist eines der wichtigsten Learnings der letzten Wochen.
Vielen Dank für das Gespräch!
Sie möchten schneller und effizienter auf die Coronakrise reagieren? Dann nutzen Sie unsere kostenlosen Corona News Services.