The Great Resignation – Wie Unternehmen jetzt reagieren können

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Great Resignation, Big Quit oder Great Reshuffle – mehr Menschen denn je kündigen aktuell ihren Job und möchten sich beruflich umorientieren. Was im Frühjahr 2021 in den USA begann, ist mittlerweile auch in Europa angekommen. Erfahren Sie, was hinter der großen Kündigungswelle steckt, wie die aktuellen Entwicklungen in Deutschland aussehen und welche Maßnahmen Arbeitgebende ergreifen können, um diesen Umbruch als Chance zu nutzen.

Das steckt hinter der Great Resignation

Der Begriff „The Great Resignation” wurde von dem Arbeitspsychologen Anthony Klotz geprägt und beschreibt eine außergewöhnlich hohe Kündigungswelle auf dem US-amerikanischen Arbeitsmarkt. Seit Anfang 2021 wurden vom U.S. Bureau of Labor Statistics (BLS) regelmäßig neue Höchststände von Kündigungen erfasst. Insgesamt kündigten rund 48 Mio. Menschen im Jahr 2021 ihren Job, wobei der Wert im November mit 4,5 Mio. Kündigungen seinen Peak erreichte. Teilweise lag die Kündigungsrate dabei über 3 Prozent, was der höchste Wert seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 2011 ist. Diese Entwicklung hielt laut BLS auch im Jahr 2022 an und setzt sich weiterhin fort.

Aktuelle Entwicklung in Deutschland

Diverse Studien gehen davon aus, dass die Kündigungswelle mit einer gewissen Verzögerung auch den deutschsprachigen Raum erreichen wird. Laut dem Gallup Engagement Index 2021 ist die Bereitschaft zum Jobwechsel in Deutschland sogar erstmals höher als in den USA. Demnach möchte jede:r vierte Angestellte binnen eines Jahres nicht mehr bei seinem/ihrem derzeitigen Arbeitgebenden tätig sein. Insgesamt 42% möchten sich innerhalb der nächsten drei Jahre umorientieren. 14% sind bereits aktiv auf der Suche nach einer neuen Stelle.

Die Ergebnisse der Wechselbereitsschaftsstudie 2022 des Meinungsforschungsinstituts Forsa im Auftrag von XING weisen ebenfalls auf eine erhöhte Wechselbereitschaft hin. Hierbei gaben 37% der Befragten an, offen für eine neue berufliche Herausforderung zu sein. Außerdem zeigt die Studie, dass jede:r Vierte kündigt, ohne bereits einen anderen Job in Aussicht zu haben.

Diese Zahlen stellen allerdings erstmal nur eine sehr hohe Wechselbereitschaft der deutschen Angestellten dar. Hieraus hat sich bisher noch keine vergleichbare Kündigungswelle wie in den USA entwickelt. Arbeitgebende sollten aber in jedem Fall auf eine erhöhte Anzahl von Kündigungen vorbereitet sein.

Gründe für die hohe Kündigungsbereitschaft

Es gibt unterschiedliche Ursachen zur Erklärung des steigenden Wechselwillens in Deutschland. Die aktuellen Krisen (Pandemie, Krieg, Inflation, Energiekrise) haben die Menschen zum Nachdenken angeregt und sie dazu bewegt, sich auf elementare Bedürfnisse und Werte zu besinnen. Dies veranlasste auch viele Angestellte dazu, ihre Arbeits- und Lebensziele zu überdenken. Ebenso wurde damit der Wunsch nach mehr Wertschätzung, Flexibilität und einer besseren Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben größer. Laut Forsa sind beispielsweise flexible Arbeitszeiten (57%) und eine sinnerfüllende Tätigkeit (52%) ausschlaggebend.

Zudem eröffnete gerade die Pandemie neue Möglichkeiten der Zusammenarbeit. Auf einmal war beispielsweise das Arbeiten im Homeoffice möglich. Dies wirkte sich häufig positiv auf die Work-Life-Balance aus. Das heißt, es rücken besonders unternehmenskulturelle Gründe in den Vordergrund. Finanzielle Veränderungen sind hier eher nachrangig.

Durch Umstrukturierungen und Prozessanpassungen wurden gerade Wertschätzung und Job-Perspektiven in den letzten Jahren oft vernachlässigt. Außerdem stellten viele Mitarbeitende fest, dass ihr momentanes berufliches Umfeld nicht zu ihren Lebenszielen passt.

Dabei ist der Wechselwunsch vor allem bei jüngeren Menschen stark ausgeprägt. Allerdings zeichnet sich schon seit längerer Zeit der Trend ab, dass diese Generationen nicht ihr ganzes Arbeitsleben in nur einem Unternehmen verbringen möchten. Mehr Informationen zu den Einstellungen und Wertevorstellung der Generation Z, erhalten Sie in unserem Blogbeitrag: Die Generation Z – Weshalb Unternehmen handeln sollten.

Chancen und Risiken der Great Resignation

Die Gallup-Studie geht davon aus, dass jede:r Fünfte bereits innerlich gekündigt hat und nur 17% der Angestellten emotional an den Arbeitgebenden gebunden sind. Allerdings können sich beide Faktoren deutlich in der Haltung und den Arbeitsergebnissen widerspiegeln – beispielsweise hinsichtlich der Produktivität, des Qualitätsbewusstseins oder der Fehlzeiten. Dadurch kann sowohl die Leistungs-, als auch die Wettbewerbsfähigkeit eines ganzen Unternehmens abnehmen.

Auf der anderen Seite können Unternehmen aber aus den Kündigungsgründen ihrer Beschäftigten lernen und ihre Arbeitsbedingungen entsprechend verbessern. Des Weiteren können sie momentan vermehrt wechselwillige Talente ansprechen und neue Mitarbeitende für sich gewinnen. Insgesamt birgt diese Entwicklung die Chance, dass Unternehmen sich zukünftig wesentlich mitarbeiterzentrierter aufstellen.

Maßnahmen für Arbeitgebende

Viele offene Stellenangebote, viele wechselbereite Arbeitnehmende – „Noch nie waren so viele Menschen auf Jobsuche oder offen für Veränderung wie jetzt“, sagt Pa Sinyan, Gallup Managing Partner in Europa, dem Nahen Osten und Afrika. Unternehmen sind mehr denn je gefragt, ihre Angestellten zu halten und ein attraktives Arbeitsumfeld zu schaffen. Dabei können folgende Maßnahmen unterstützen:

  1. Sinnhaftigkeit und Einbindung
    Das Thema Purpose hat in den letzten Jahren stark an Relevanz gewonnen. Mitarbeitende möchten aktiv eingebunden werden, über die Zukunft des Unternehmens mitentscheiden und gemeinsame Ziele erarbeiten. Hierbei spielen Werte und Normen eine besondere Rolle. Um die Motivation zusätzlich zu erhöhen, sollten Unternehmen gezielt in die Entwicklung und Weiterbildung ihrer Beschäftigten investieren. Dadurch können wichtige Kompetenzen und Wissen für die Organisation aufgebaut sowie gleichzeitig die Arbeitgeberattraktivität gesteigert werden.

  1. Kommunikation und Wertschätzung
    Ein weiterer Faktor ist die Förderung einer empathischen Unternehmenskultur und des sogenannten Job Craftings. Mithilfe dieser Methode können Mitarbeitende sich mehr engagieren, zeigen ein hohes Interesse im kollegialen Umgang und unterstützen sich gegenseitig. Dieses Verhalten sollte zudem auch von Führungskräften umgesetzt werden (Stichwort: Leadership Coaching). In einem vertrauensvollen Umfeld sprechen Mitarbeitende vermeintliche Probleme offener an, wodurch diese früher und besser gelöst werden können.

    Hierbei sind eine gute Kommunikation, genauso wie die Wertschätzung und Anerkennung von Leistungen, die wichtigsten Kriterien. Beispielsweise sollte es regelmäßige Feedbackgespräche oder Begleitmaßnahmen wie individuelle Coachings geben, um die Mitarbeitenden zu unterstützen und ihre Zufriedenheit, ihre Motivation und damit auch ihre Leistungsfähigkeit zu fördern.

  1. Flexible Arbeitsbedingungen
    Um die Arbeitsbedingungen eines Unternehmens zu optimieren, die emotionale Bindung der Angestellten zu erhöhen und somit die Wechselbereitschaft zu verringern, sollten Arbeitgebende außerdem neue, hybride Arbeitsmodelle umsetzen. Dies bietet Mitarbeitenden die Möglichkeit, ihren Alltag freier zu gestalten und ihre Work-Life-Balance zu erhöhen. Während der Pandemie haben viele Arbeitnehmende Remote Work zu schätzen gelernt und möchten jetzt weiterhin – zumindest teilweise – auf diese Weise arbeiten. Durch die Einführung solcher Arbeitsmodelle kann die Mitarbeiterzufriedenheit langfristig gesteigert werden.

Fazit

Bisher hat die Great Resignation Deutschland noch nicht erreicht. Ob sie in einem Ausmaß wie in den USA noch kommen wird, ist fraglich. Ein Grund hierfür könnte in der unterschiedlichen Mentalität liegen, da die Menschen in Deutschland eher sicherheitsorientiert und risikoavers handeln. Hier zeigt sich allerdings, dass die jüngeren Generationen deutlich wechselbereiter sind.

Abgesehen von einer möglichen Kündigungswelle, sollten Unternehmen in jedem Fall den kulturellen Wandel der Arbeitswelt stets beobachten und dabei vor allem in die Entwicklung ihrer Mitarbeitenden investieren. Dadurch können sie das Risiko einer Kündigung von Seiten wertvoller Mitarbeitender reduzieren und gleichzeitig die langfristige Bindung erhöhen.

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