Das neuartige Coronavirus hat sich mittlerweile von einer räumlich begrenzten Epidemie zu einer Pandemie ausgeweitet und nimmt nun massiv Einfluss auf unseren Alltag. Viele europäische Regierungen sehen sich nun gezwungen, extreme Maßnahmen zu ergreifen, was jedoch schon jetzt verheerende wirtschaftliche Folgen nach sich zieht. Aufgrund der Einschränkungen des öffentlichen Lebens ist bereits absehbar, dass viele Unternehmen aus diesem Tief als Verlierer hervorgehen werden. Dennoch gibt es auch Branchen, die von der Krise profitieren.
Corona bedeutet für viele Unternehmen: Arbeit unter erschwerten Bedingungen bis hin zu Existenzängsten. Doch dies gilt längst nicht für alle: Besonders auffällig sind hier die wirtschaftlichen Entwicklungen im Medienbereich. Aktuelle News zum Coronavirus sind derzeit sehr gefragt, und die Online-Newsportale arbeiten mit Hochdruck daran, die Bevölkerung stündlich, wenn nicht sogar minütlich mit neuen Informationen über die aktuelle Lage zu versorgen. Der ohnehin schon vorhandene Trend, Informationen lieber online abzurufen, könnte sich also aufgrund der Krise in der nächsten Zeit stark intensivieren und so zu einer sinkenden Nachfrage nach Printmedien führen.
Die Online-Berichterstattung boomt
Der erhöhte Informationsbedarf der Menschen führt zu Rekorden in der Mediennutzung: Namenhafte Online-News-Provider wie Spiegel, Focus, Welt & Co. verzeichnen mit bis zu 6,88 Millionen (Focus Online) oftmals mehr als doppelt so hohe Nutzerzahlen wie noch vor der Krise; bei manchen liegt der Zuwachs sogar bei fast 150%. Mit 8,33 Millionen Usern steht Bild.de derzeit an der deutschen Spitze. Ein Grund für die hohe Nachfrage in der Online-Berichterstattung ist die hohe Aktualität der dort bereitgestellten Informationen, beispielsweise durch News-Ticker oder Liveblogs. Nachrichten sind zudem über mobile Endgeräte leicht zugänglich und jederzeit abrufbar. Auf Webseiten wie worldometers.info lässt sich die weltweite Ausbreitung von Covid-19 nahezu in Echtzeit verfolgen, während auch auf anderen Seiten pausenlos neue Artikel veröffentlicht werden – zu jedem erdenklichen Thema, das vom Coronavirus berührt wird. Viele Menschen verlangen nach greifbaren Antworten auf die Frage, wie sich Arbeit und Alltag in dieser Ausnahmesituation gestalten lassen und mit welchen Maßnahmen der Staat die Krise in den Griff bekommen will.
Da sich die Lage aufgrund unvorhersehbarer Entwicklungen ständig ändern kann, sind hochaktuelle Informationen für das Krisenmanagement von betroffenen Unternehmen unerlässlich. Durch kontinuierliche Updates können Online-Anbieter darauf sehr schnell reagieren. Allerdings verlangen kritische Stimmen von vielen Anbietern, ihre Paywalls für die Dauer der Corona-Krise auszusetzen. Der Grund: Corona sei kein Special-Interest-Thema und relevante Informationen müssten im Sinne des journalistischen Informationsauftrags der Allgemeinheit kostenlos zur Verfügung gestellt werden. Dies gilt vor allem für entscheidende Informationen, nicht jedoch für Themen, die über die Grundversorgung hinausgehen. Auch wenn sich viele essenzielle Artikel hinter Paywalls befinden – wichtige Informationen lassen sich auch anderswo abrufen. Allerdings müssen sich Medienschaffende fragen lassen, ob es in Krisenzeiten moralisch vertretbar ist, mit der Corona-Berichterstattung Geld zu verdienen. Unternehmen anderer Branchen kommen ihren Kunden hier stark entgegen: Die Telekom verschenkt z.B. Datenvolumen, E-Learning-Anbieter stellen Schülerinnen und Schülern ihre Dienste kostenlos zur Verfügung und Fitness-Unternehmen starten gratis Online-Kurse für zu Hause. Die Corona-Solidarität ist spürbar, auch auf unternehmerischer Ebene.
Auch TV und YouTube verzeichnen Zuwächse
Neben dem starken Boom in der Online-Berichterstattung lassen sich auch im TV-Bereich beachtliche Zuwächse verzeichnen, teilweise erreichten manche Sender in den letzten Tagen sogar Jahresrekorde. Auch auf YouTube schießen die Corona-Dokumentationen wie Pilze aus dem Boden und werden fleißig geklickt. Der NDR hat auf seinem YouTube-Kanal gemeinsam mit dem Virologen und „Cheferklärer“ Christian Drosten eine Podcast-Reihe gestartet – neue Videos erhalten mittlerweile über eine halbe Million Klicks innerhalb eines Tages. Die Videoproduktion boomt ebenso wie die Online-Berichterstattung, und auf nahezu allen Sendern begegnet man Corona-News in Dauerschleife. Das Virus drängt andere Themen in den Hintergrund: Wirtschaft, Finanzen, Kultur und Co. – hier findet sich derzeit kaum ein Beitrag ohne Corona-Bezug. Online, TV und Video werden somit wohl als Gewinner aus der Krise hervorgehen. Dennoch gibt es auch Anbieter, die mit starken Verlusten rechnen müssen: Fußball-Liveticker und auch Wetter-Portale werden z.B. immer weniger genutzt.
Corona und Printmedien
Bei der zunehmenden Geschwindigkeit der Berichterstattung und dem Bedarf nach schnellen Lösungen können Printmedien momentan kaum mithalten. Da sich die Lage in Krisenzeiten beinahe minütlich ändern kann, ist das Internet hier das bevorzugte Medium. Mit nur wenigen Klicks können Meldungen verfasst und verbreitet werden. Abgedruckte Informationen hingegen sind maximal tagesaktuell – ein klarer Nachteil gegenüber den Online-Angeboten.
Schon vor Corona war die Tendenz zu einer zunehmenden Nutzung von Online-Medien erkennbar, da vor allem junge Leserinnen und Leser die Informationen lieber schnell und kostenlos online abrufen, anstatt Printprodukte zu kaufen. Dieser Trend könnte sich nun durch die Krise intensivieren, da die Menschen vermehrt zu Hause bleiben und über ihre mobilen Endgeräte oder TV-Sendungen schnellen Zugang zu Informationen erhalten. Sollten im Betrieb Corona-Fälle auftreten, könnte es zudem in der Print-Produktion oder im Vertrieb zu Engpässen kommen. Allerdings hat das Land Nordrhein-Westfalen nun auch Journalisten zur Liste der systemrelevanten Berufe hinzugefügt. Somit haben diese einen grundsätzlichen Anspruch auf Kinderbetreuung, da sie für die Information und die Aufklärung der Bevölkerung unerlässlich sind.
Die derzeitige Entwicklung könnte den Rückgang der Auflagen weiter befeuern, wahrscheinlich mit erhöhter Geschwindigkeit als noch vor der Corona-Pandemie. Wie gehen Printanbieter damit um? Der Stern z.B. veröffentlicht seine wöchentliche Ausgabe jetzt früher und schließt sich zudem mit den ebenfalls von Gruner + Jahr produzierten Titeln Capital und Geo zu einer Corona-Sonderausgabe zusammen. Auch andere Anbieter setzen auf Beiträge, die nicht zwingend hochaktuell sind, aber einen Mehrwert bieten – zum Beispiel Hintergrundrecherchen, Experteninterviews, Reportagen usw. Ob sich diese Angebote allerdings gegen die hochaktuelle Online-Berichterstattung durchsetzen können, bleibt abzuwarten.
Online – das Medium der Krise
Die momentane Corona-Krise zeigt, wie die schnellen Informationstranfers unser Leben im digitalen Zeitalter prägen. Die bereits seit einigen Jahren beobachtete Tendenz zu einer verstärkten Nutzung von Online-Medien könnte sich nun dauerhaft verstärken. Das Internet ist das Medium der Krise und könnte Print-Produkte in Zukunft weiter verdrängen.