Nicht zuletzt die Coronapandemie hat noch einmal eindrucksvoll gezeigt, wie sehr die verschiedensten Länder weltweit wirtschaftlich und gesellschaftlich voneinander abhängig sind. Kein Wunder, dass das Informationsbedürfnis von Unternehmen und Organisationen längst über den nationalen Tellerrand hinausgewachsen ist. Das wirkt sich auch auf die Anforderungen an eine moderne, praxisgerechte Medienbeobachtung aus: Immer mehr Unternehmen legen Wert darauf, auch internationale Titel auswerten zu lassen oder zumindest die großen internationalen Leitmedien im Blick zu behalten.
Auch wenn es für pressrelations als internationalen Medienbeobachter technisch ein Leichtes ist, auch relevante Beiträge aus internationalen Print- oder Onlinemedien auszuwerten, so sind für die rechtmäßige Lizenzierung der Beiträge mitunter sehr viele Details zu beachten, da (beinahe) jedes Land eine eigene Regelung hat.
Unterschiedlichste Lizenz-Regelungen von Land zu Land
In manchen Ländern sind die Lizenzgesetzte äußerst rigide, während es in anderen Ländern kein Gesetz zur Verwertung von Artikeln gibt. Daher wollen wir in diesem Beitrag einen Blick auf die verschiedenen Wege werfen, die die meistnachgefragten Länder in Sachen Lizenzrecht gehen.
USA – Bestimmung durch Verlage und Medienhäuser mit Ausnahmen
In den USA gibt es zwar keine übergeordnete Verwertungsgesellschaft, aber das Bewusstsein für ein Urheberrecht bzw. Copyright ist dort traditionell stark ausgeprägt. In der Regel setzen die Verlage und Medienhäuser selbst die Konditionen zur Nutzung, Vervielfältigung und Verbreitung Ihrer Pressebeiträge um. Dabei bestimmen Sie ebenfalls die Höhe möglicher Lizenzkosten. Für urheberrechtlich geschützte Werke gibt es in den USA unter bestimmten Bedingungen Ausnahmen von diesen Regelungen. Darunter fällt zum Beispiel die „Fair-Use-Doktrin“, die verschiedenen Arten der Nutzung von urheberrechtlich geschütztem Material erlaubt, insbesondere wenn es sich um Kritiken, Kommentare, Berichterstattung, Unterrichts- und Forschungszwecke. Für Pressespiegel fallen die Volltexte von Artikeln nicht unter die Ausnahmeregelungen. Themenzusammenstellungen, Zitate und Zusammenfassungen sind jedoch in vielen Fällen möglich.
Das Lizenzrecht in der Europäischen Union
Auch innerhalb der Europäischen Union wurde das Urheberrecht nicht vereinheitlicht. Die kontinentalen Länder haben unterschiedliche Urheberrechtsregelungen und vergeben unterschiedliche Rechte für die gewerbliche Nutzung. Deshalb ist es gerade für eine internationale Medienbeobachtung äußerst wichtig, die jeweiligen Regelungen zu kennen und über aktuelle Änderungen informiert zu bleiben. Ende Juli 2021 leitete beispielsweise die EU-Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren gegen 23 Länder ein – darunter Belgien, Frankreich und Österreich – weil sie die europäische Urheberrechtsrechtslage dort nicht ausreichend umgesetzt sah.
Tatsächlich hätte die DSM-Richtlinie – EU 790/2019 (Directive on Copyright in the Digital Single Market bzw: Richtlinie (EU) 2019/790 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. April 2019 über das Urheberrecht und die verwandten Schutzrechte im digitalen Binnenmarkt und zur Änderung der Richtlinien 96/9/EG und 2001/29/EG) – bis zum 7. Juni 2021 in nationales Recht umgesetzt werden müssen, was aber nicht überall erfolgt ist. Daher werden Umsetzung dieser Richtlinie sowie die Weiterentwicklung der dazugehörigen Rechtsfragen in den kommenden Jahren nicht nur vom Markt und den wirtschaftlichen Akteuren definiert, sondern auch von höchsten gerichtlichen Instanzen (z.B. vom EuGH).
Vor kurzem verhängte die französische Kartellbehörde ein Bußgeld in Höhe von 500 Millionen Euro gegen Google, weil der Konzern gleich mehrere Anordnungen missachtet hat (Entscheidung 21-D-17 vom 12. Juli 2021). Die Behörde ordnete außerdem an, dass Google Verlagen und Presseagenturen ein Vergütungsangebot für die aktuellen Nutzungen ihrer geschützten Inhalte unterbreitet und ihnen die für die Bewertung eines solchen Angebots erforderlichen Informationen zur Verfügung stellt, unter Androhung von Geldbußen von bis zu 900.000 Euro pro Tag der Verzögerung, wenn Google dem nicht innerhalb von zwei Monaten nachkommt (bis zum 12.09.2021).
Großbritannien – Zentrale Lizenzierung über die NLA
Wenn es um die Ausgabe von Artikeln im Medienspiegel geht, gehört Großbritannien traditionell zu den Ländern mit den schärfsten Lizenzbestimmungen. Hier vertritt die National Licence Agency (NLA) seit 1996 die Interessen der Verlage.
Bis vor Kurzem legte die NLA großen Wert darauf, genauestens im Bilde darüber zu sein, wie häufig Artikel von wem (Unternehmen, Mitarbeiter, etc.) aufgerufen wurden. Das bedeutete: Lizenznehmer erhielten einen Link auf den (digitalisierten) Print-Beitrag, welcher über die Seite der NLA aufgerufen werden konnte. Auf diese Weise konnte die NLA sehr genau verfolgen, wie häufig die Zugriffe von wo aus erfolgten. Da sich dieses Modell in der Praxis als äußerst kompliziert, wenig nutzergerecht und äußerst bürokratisch erwiesen hat, wurde von der NLA ein vereinfachtes Lizenzmodell erarbeitet.
So kooperiert die NLA inzwischen auch mit Lizenzgebern in Deutschland, so dass auch in Deutschland ansässige Unternehmen britische Printtitel für ihren Medienspiegel beziehen und lizenzieren können.
Über einen Vertrag mit der PMG kann zum Beispiel ein Set von rund 30 britischen Leitmedien, darunter „The Guardian“, „Evening Standard“ und die „International Herald Tribune“, direkt lizenziert werden. Alle weiteren Titel müssen allerdings bei Bedarf über gesonderte Lizenzverträge mit den Verlagen lizenziert werden, die dann jeweils eigene Lizenzbedingungen geltend machen.
Finnland – Individuelle Regelungen
Anders als in England gibt es in Finnland keine übergeordnete Organisation, die die Verwertungsrechte der Verlage vertritt. Das heißt, es obliegt jedem Monitoring-Dienstleister, individuell mit den Verlagen zu verhandeln, ob und zu welchen Konditionen Artikel an die Kunden ausgegeben werden. Um bei Bedarf alle lizenzrechtlichen Details für unsere Kunden klären zu können, arbeiten wir hier mit einem Partner aus Finnland zusammen, der mit vielen finnischen Verlagen bereits Lizenzmodelle vereinbart hat. Bei Bedarf können wir aber auch individuelle Möglichkeiten abklären, um Printerzeugnisse aus Finnland für Sie zu lizenzieren.
In anderen skandinavischen Ländern ist die Situation im Übrigen ähnlich: Es gibt vergleichsweise wenige gesetzliche Vorgaben für die Lizenzierung, aber die meisten Verlage räumen bereitwillig praxisnahe Lizenzierungsmöglichkeiten ein.
Osteuropa – Freie Fahrt für interne Verwendung
In den osteuropäischen Ländern gibt es derzeit so gut wie keine Regelungen zur Lizenzierung von Printerzeugnissen. Allerdings nur unter der Bedingung, dass zum einen die Quelle des Artikels angegeben wird und zum anderen dürfen die Beiträge ausschließlich intern (z.B. im internen Medienspiegel) verwendet werden. Eine unlizenzierte Veröffentlichung z.B. auf der Firmenwebseite oder eine Weitergabe an Dritte ist nicht erlaubt.
Kanada & Norwegen – Do it yourself
Lizenzrechtlich haben Kanada und Norwegen einiges gemeinsam: Die rechtlichen Vorgaben in Bezug auf die Wiedergabe von (Print-)Artikeln in digitalen Medienspiegeln sind auf gleiche Art sehr rigide: Artikel dürfen, bis auf wenige Ausnahmen, grundsätzlich nicht 1:1 abgebildet werden. Es ist allerdings erlaubt, einen Abstract, also eine kurze Zusammenfassung des Beitrages, im Medienspiegel auszugeben. Das heißt, der Artikelinhalt wird in einem kurzen, wenige Sätze umfassenden Text zusammengefasst. Für die Rechtslage ist es dabei unerheblich, ob dieser Kurztext maschinell oder „von Hand“ erstellt wurde. Die Lizenzgebühren, die dafür anfallen, verhandeln die Monitoring-Anbieter dann individuell mit den Verlagen.