Manipulation im Bundestagswahlkampf - Studien und Methoden zur Erkennung von Desinformation
Wie groß ist der Anteil von Desinformationsnarrativen an der Wahlkampfberichterstattung? Gegen welche Partei und welche KandidatInnen sind die Narrative hauptsächlich gerichtet? Wie erlangen die Narrative ihre Aufmerksamkeit und welche Quellen verlinken wiederum die PolitikerInnen selbst?
In Kooperation mit NewsGuard und dem Fraunhofer-Institut für Kommunikation, Informationsverarbeitung und Ergonomie FKIE hat pressrelations die Medienberichterstattung zum Bundestagswahlkampf 2021 untersucht und dabei insbesondere die Glaubwürdigkeit der Quellen und die Rolle von Desinformation beleuchtet.
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Auf dieser Seite finden Sie einige der Key Findings sowie weiterführende Links und Echtzeit-Infoboards zum Thema Desinformation. Die vollständige Studie zum Bundestagswahlkampf können Sie hier kostenlos anfordern.
Analyse zu Desinformation im Wahlkampf
Desinformationsnarrative präsenter als Europapolitik
In knapp einem Drittel der 1.187.712 Beiträge zur Bundestagswahl im September 2021 ließ sich ein Bezug zu mindestens einem der insgesamt 14 beobachteten Politikbereiche herstellen. Das Top-Thema in der Wahlberichterstattung ist die Klimapolitik. Viele weitere Themen, wie etwa die Europa- oder Verkehrspolitik, treten jedoch hinter beliebte Desinformationsnarrative zurück, die in insgesamt 25.880 Beiträgen identifiziert werden konnten.
Das Top-Desinformationsnarrativ nach Beitragsanzahl ist dabei das Narrativ, das sich mit Annalena Baerbocks Universitätsabschluss beschäftigt (12.834 Beiträge im Auswertungszeitraum), gefolgt von dem Narrativ gefälschter Grünen-Verbotsforderungen mit 2.236 Beiträgen. An dritter Stelle rangiert das allgemeine Desinformationsnarrativ zum Wahlbetrug durch Briefwahl mit 1.265 Beiträgen.
Die Grünen als Zielscheibe
Sämtliche Desinformationsnarrative zur Spitzenkandidatin traten nach der Bekanntgabe ihrer Kandidatur auf. Bemerkenswert ist, dass unter den Parteien ausschließlich Narrative gegen die Grünen, die Union und die SPD ermittelt werden konnten.
20 der insgesamt 48 Desinformationsnarrative zielen auf Die Grünen ab. Insbesondere Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock steht hier mit acht Narrativen deutlich im Fokus, auch im Hinblick auf die Anzahl der dazu verfassten Beiträge. Baerbocks angeblich falscher Hochschulabschluss erzeugte hierbei die größte Resonanz mit 16.208 Beiträgen - das sind mehr als alle Beiträge zu Desinformationsnarrativen der anderen Parteien oder von allgemeiner Natur zusammen.
Vertrauenswürdige Medien geben Desinformationsnarrativen erst ihre Aufmerksamkeit
In der Gesamtbetrachtung machen nicht-vetrauenswürdige Medien (gemessen nach NewsGuard-Score) lediglich einen Anteil von 0,39 Prozent der Gesamtreichweite der Desinformationsnarrative aus. Insgesamt 90 Prozent der Reichweite wird hingegen durch Beiträge in vertrauenswürdigen Medien erzielt. Beim Rest handelt es sich um noch nicht bewertete Quellen oder Satire-Webseiten.
Die sozialen und nicht-vertrauenswürdigen Medien generieren Narrativideen und referenzieren sich gegenseitig. Einige davon werden von Lesern aufgegriffen und weiter verbreitet. Die somit erlangte Popularität führt dazu, dass vertrauenswürdige Medien diese Narrative aufgreifen und durch Faktenchecks widerlegen und über Hintergründe aufklären, damit aber auch für rund 90 Prozent der Gesamtreichweite sorgen. Dies zeigt ein Dilemma der vertrauenswürdigen Medien – wenn sie die Narrative aufgreifen und richtigstellen, sorgen sie gleichzeitig für eine enorme Verbreitung. Wenn sie diese jedoch ignorieren, fehlt die nötige Aufklärung.
Welche Parteien verlinken Artikel nicht vertrauenswürdiger Medien?
75 Prozent der verbreiteten Webseiten gehören zu den Medien, die von NewsGuard hinsichtlich der Einhaltung internationaler journalistischer Standards geprüft wurden. Innerhalb dieses Mediensets kann festgestellt werden, dass die Mehrzahl der Parteien von Juni bis August ausschließlich vertrauenswürdige Medien geteilt haben. Die große Ausnahme bildet die AfD mit 250 Links zu Medien mit einem NewsGuard-Score unter 60. Dies entspricht acht Prozent aller Links der AfD-Abgeordneten in dieser Kategorie („sonstige Webseiten“). Der fraktionslose Abgeordnete Frank Pasemann teilt in neun Fällen Medien mit niedrigem Score. Aber auch vier Abgeordnete der Linken teilen in sechs Fällen Inhalte von Seiten, die als nicht-vertrauenswürdig klassifiziert wurden.
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Diese Studie entstand in Kooperation mit NewsGuard und dem Fraunhofer-Institut für Kommunikation, Informationsverarbeitung und Ergonomie.
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NewsGuard wurde im März 2018 von dem preisgekrönten Journalisten und Medienunternehmer Steven Brill und dem ehemaligen Wall Street Journal-Verleger Gordon Crovitz ins Leben gerufen. Das Unternehmen bietet Glaubwürdigkeits-Ratings und liefert detaillierte Bewertungen für Tausende von Nachrichten- und Informations-Webseiten. NewsGuard hat alle Webseiten bewertet, deren Inhalte für 95% der Social-Media-Interaktionen in den USA, Großbritannien, Deutschland, Frankreich und Italien verantwortlich sind. Zu den NewsGuard-Produkten gehören NewsGuard, HealthGuard und BrandGuard. Diese drei zusammen mit NewsGuards Misinformation Fingerprints-Datenbank aller bekannter Verschwörungstheorien und Desinformationsnarrative, unterstützen Anbieter dabei, zuverlässige und unzuverlässige Informationsanbieter sowie Falschbehauptungen in unterschiedlichen Kontexten zu identifizieren.NewsGuard bewertet jede Webseite anhand von neun grundlegenden journalistischen Kriterien.
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Das Fraunhofer-Institut für Kommunikation, Informationsverarbeitung und Ergonomie FKIE entwickelt Technologien und Prozesse mit dem Ziel, existenzbedrohende Risiken frühzeitig zu erkennen, zu minimieren und beherrschbar zu machen. Als führendes Institut für anwendungsorientierte IKT-Forschung und -Innovation widmet es sich der gesamten Verarbeitungskette von Daten und Informationen: vom Gewinn, der Übertragung und Verarbeitung bis hin zu ihrem zuverlässigen Schutz. Die hier beteiligte Forschungsgruppe »Informationsanalyse« entwickelt im Schwerpunkt Lösungen zur automatisierten Analyse von Textdokumenten, auch von Beiträgen in den Sozialen Medien.
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