84 % der Deutschen halten Organspenden für eine gute Sache. Dennoch werden je einer Million Einwohner nur 11,5 Spenderorgane transplantiert. Auch wenn die Anzahl an Organspenden in den letzten Jahren um 20 % gestiegen ist, warten weiterhin mehr als 9.400 Menschen auf eine Transplantation. Seit Anfang des Jahres berichtete Jens Spahn mehrmals über Änderungen für Organtransplantationen im Gesundheitswesen. Dabei unterscheiden sich die Art der Beiträge zu diesem Thema sehr stark: Von einer neutralen Video-Ankündigung des Gesetzesentwurfs über einen Beitrag mit einer kurzen faktischen Begründung zur Gesetzeseinführung bis hin zu einem emotionalen Statement am offiziellen ‚Tag der Organspende‘.
Für das prmagazin untersuchte pressrelations die Berichterstattung, die mit der Ankündigung der doppelten Widerspruchslösung einherging. Während der Gesetzesentwurf politisch auf Herz und Nieren geprüft wird, steht vor allem die mediale Kommunikation des Bundesministers für Gesundheit im Fokus der Analyse.
Als potenzielle Spenderinnen und Spender kommen aktuell in Deutschland nur Personen infrage, die einen gültigen Spendeausweis besitzen oder durch Verantwortliche für eine Transplantation freigegeben werden. Um die große Anzahl an Wartenden zeitnah zu reduzieren, präsentierte Jens Spahn (Bundesminister für Gesundheit / CDU) Anfang des Jahres einen Gesetzesentwurf, der die bisherigen Regelungen zur Organspende auf den Kopf stellt: Fortan sollen mittels einer doppelten Widerspruchslösung nicht nur die Bürgerinnen und Bürger spenden können, die über einen entsprechenden Ausweis verfügen, sondern prinzipiell jeder. Ab dem 16. Lebensjahr soll mehrfach über die Änderungen informiert werden. Dann gilt: Wird dem Einverständnis nicht widersprochen, ist die Spendebereitschaft vorausgesetzt. Dementsprechend könnte sich die Anzahl an Organtransplantationen zukünftig immens erhöhen.
Neutrales, faktisches und emotionales Storytelling
Bereits am 17. Januar 2019 veröffentlichte Spahn in einem Facebook-Posting seine Bundestagsrede zur doppelten Widerspruchslösung. Auch wenn die Anzahl an Organtransplantationen kürzlich angestiegen ist, so sagt er selbst, reicht die Transplantationsbereitschaft nicht aus. Um den Bedarf zu decken, sei eine Änderung notwendig. Das beigefügte Video wurde insgesamt über 10.000 Mal aufgerufen, generierte allerdings nur 201 Reaktionen. Der Großteil ist neutraler Natur, positive und negative Interaktionen halten sich die Waage. Daraufhin blieb die Social-Media-Landschaft erstmal ruhig.
Im Gegensatz dazu führte die faktische Ankündigung am 1. April mit der Vorstellung des Gesetzesentwurfs nicht nur zu einem Peak in der Berichterstattung, sondern erzielte über 590 Reaktionen. Spahn vermittelt Fakten und Statistiken zur Organspende und legt damit seiner Community ein erneutes Umdenken ans Herz. Neben neutralen Likes fallen hier jedoch 151 negative Interaktionen und viele kritische Kommentare auf. Der Anteil an verärgerten Usern ist im Vergleich zum Januar-Post um das Zehnfache gestiegen. Spahn antwortete auf Anregungen, Fragen und Kritik im Kommentarbereich, dennoch reagierte die Community vermehrt verunsichert.
Nachdem der Social Media Buzz bereits stagnierte, wendete sich der Gesundheitsminister am ‚Tag der Organspende‘ (06.06.) erneut an seine 125.000 Facebook-Fans und trägt dieses Mal sein Herz auf der Zunge. In seinem Beitrag dankte der Bundesminister für Gesundheit allen Spendenden und spricht sich dabei erneut für die Einführung der doppelten Widerspruchslösung aus. Bei einem solch emotionalen Statement reagieren die Facebook-Nutzenden ganz anders: Über 550 Likes, Herz- und Smile-Reaktionen folgen. User danken mit Kommentaren ihren Lebensrettern, viel Zuspruch – kaum Kritik. Kein anderer Beitrag konnte so viel positives Feedback generieren und Kritiker besänftigen.
Was sollten Sie sich zu Herzen nehmen?
So wie man in den Wald hineinruft, so schallt es auch wieder heraus: Neutrale Ankündigungen führen meist zu einem zurückhaltenden, sachlichen Austausch, faktische Begründungen bieten größeres Potential für direkte Diskussionsrunden und gefühlvolle Statements werden deutlich seltener angefochten. Darüber hinaus steigt die Interaktionsbereitschaft der Community bei emotionalem Content. Gerade die Organspende-Thematik bietet sich als Herzensangelegenheit für ein entsprechendes Storytelling an. Eine emotionale Erzählweise und Begründungen beschwichtigen negative Stimmen und erregen Mitgefühl und moralische Verantwortung. Mit einem gezielten Community Management bekommen User und Creator alles, was das Herz begehrt.
Weitere Erkenntnisse finden Sie in unserer Analyse für das prmagazin: Tag der Organspende – Kleine Nuance, große Wirkung,
die Sie hier ansehen oder downloaden können. Sie haben noch Fragen zur Analyse oder unserer Kooperation mit dem prmagazin? Dann schreiben Sie uns eine Nachricht oder rufen Sie uns unter 0049 211 1752077 – 0 an!