Der 13. Februar 2022 wird für die Schweizer Medienlandschaft ein wegweisender Tag sein. Dann entscheidet das Stimmvolk über ein Massnahmenpaket zur Medienförderung in jährlich dreistelliger Millionenhöhe. Die Umfrage-Trends zeigen: Das Abstimmungsresultat dürfte sehr eng werden.
Sie tragen Namen wie «Birsigtal Bote», «Journal de la région de Cossonay» oder «Rigi Post» und berichten regelmässig über lokale Neuigkeiten. Solch kleine und mittlere Zeitungen würden profitieren, wenn das Schweizer Stimmvolk am 13. Februar das Bundesgesetz über ein Massnahmenpaket zugunsten der Medien annehmen würde. Aber nicht nur sie: Praktisch alle privaten Medien – von Print- über Online-Medien bis zu den regionalen Radio- und TV-Stationen – bekämen etwas vom grossen Kuchen ab, den der Bundesrat und das Parlament neu zusätzlich verteilen möchten.
Doch das passt nicht allen, die Meinungen in der Bevölkerung gehen weit auseinander. So wurde gegen das Bundesgesetz das Referendum ergriffen, weshalb am 13. Februar das Volk das letzte Wort zum neuen Gesetz hat.
So sieht das Massnahmenpaket im Detail aus:
- Vergünstigte Zustellung von Zeitungen: Die Zustellung von abonnierten Zeitungen soll neu mit 50 Millionen Franken pro Jahr unterstützt werden (bisher 30 Millionen)
- Verbilligte Frühzustellung von Zeitungen: Für die Frühzustellung von abonnierten Zeitungen sind neu 40 Millionen Franken vorgesehen (bisher 0 Millionen)
- Vergünstigte Zustellung von Vereins- und Verbands-Zeitschriften: Die Zustellung von Publikationen von Vereinen, Verbänden und Parteien soll neu mit 30 Millionen Franken unterstützt werden (bisher 20 Millionen)
- Förderung von Online-Medien: Für Online-Medien, die von ihrer Leserschaft mitfinanziert werden (Bezahlschranke), stehen neu 30 Millionen Franken pro Jahr zur Verfügung (bisher 0 Millionen)
- Erhöhung der Beiträge für Lokalradios und Regionalfernsehen: Die Mittel für private Lokalradios und das Regionalfernsehen steigen um maximal 28 Millionen Franken pro Jahr (bisher 81 Millionen)
- Allgemeine Medienförderung: Maximal zusätzliche 23 Millionen Franken jährlich sind für Massnahmen wie z.B. die Aus- und Weiterbildung von Journalistinnen und Journalisten eingeplant (bisher 5 Millionen)
Während die beiden letztgenannten Massnahmen aus den Radio- und TV-Abgaben finanziert würden, sind es bei den anderen Punkten Bundesgelder, die auf sieben Jahre befristet gesprochen würden.
Wird die direkte Demokratie durch die Medienförderung gefährdet oder geschützt?
Doch wieso wurde das Referendum ergriffen? Und von wem? Zu den Gegnern des neuen Gesetzes zählen Organisationen wie der Schweizerische Gewerbeverband, Economiesuisse oder der Verband der Schweizer Regionalmedien. Vereinzelt stellen sich also selbst Medienorganisationen, die von den Bundesgeldern profitieren würden, gegen das Gesetz. SVP und FDP zählen ebenfalls zum Nein-Lager, wie auch diverse Vertreterinnen und Vertreter der Mitte-Parteien.
Die Gegner argumentieren, dass vor allem die gut situierten Verlage und Medienkonzerne von den Bundesgeldern profitieren würden. Ausserdem sehen sie die Unabhängigkeit der Medien und damit auch die direkte Demokratie in Gefahr. Der Staat wolle mit den Millionen an Subventionen die Medien kontrollieren. Und staatlich kontrollierte Medien dürfe es nicht geben.
Genau gegenteilig argumentieren die Befürworter: Die direkte Demokratie werde geschützt und die Unabhängigkeit der Medien gewahrt. Dies weil die Medien dank den Unterstützungsgeldern genug Ressourcen hätten, um über alle Themen zu berichten. Zudem würden kleinere und regionale Medien gestärkt und weiteres Zeitungssterben verhindert. Das mediale Angebot werde so für die gesamte Bevölkerung verbessert.
Für ein Ja zum Massnahmenpaket setzen sich verschiedenste Verbände aus der Medienbranche sowie SP, die Grünen, GLP, und Die Mitte ein.
Klare Gräben im Stimmvolk
Die Meinungen in der Schweizer Bevölkerung gehen in etwa so weit auseinander wie die Argumente von Befürwortern und Gegnern. Entsprechend eng wird der Ausgang der Abstimmung erwartet. Das zeigt das Resultat einer repräsentativen Umfrage, die das Forschungsinstitut gfs.bern im Auftrag der SRG SSR durchgeführt hat. Rund drei Wochen vor der Abstimmung waren 46 Prozent «für» oder «eher für» das Gesetz, 49 Prozent «dagegen» oder «eher dagegen». 5 Prozent waren noch unentschlossen. Wählerinnen und Wähler der Links-Parteien möchten das Gesetz gemäss der Umfrage grösstenteils annehmen. Doch je weiter nach rechts die Wählergunst tendiert, desto grösser wird die Ablehnung. Nebst diesem Parteien-Graben gibt es auch einen Sprach-Graben: Die Deutschschweiz steht dem Gesetz deutlich kritischer gegenüber als die Westschweiz und das Tessin.
Dass zusätzliche finanzielle Mittel dem Zeitungssterben entgegenwirken und das Angebot stärken, dürfte unbestritten sein. Entscheidend wird sein, ob das Schweizer Stimmvolk bereit ist, Millionen an Steuergeldern dafür einzusetzen, dass Zeitungen wie «Birsigtal Bote», «Journal de la région de Cossonay» und «Rigi Post» auch in Zukunft über die Geschehnisse auf lokaler Ebene berichten können.