Der Hype um „Clubhouse“ – Wie ein neues soziales Netzwerk die deutsche Medienwelt erobert

11 Minuten Lesedauer

Jeder will rein, doch viele müssen draußen bleiben: Wer in die neue Live-Podcast-App Clubhouse reinhören möchte, braucht eine exklusive Einladung. Derzeit vernetzen sich im deutschsprachigen Raum insbesondere junge Menschen, PR-Leute, Social-Media-Marketers und weitere Personen der digitalen Szene auf der Plattform, um über Gott und die Welt zu diskutieren. Wir von pressrelations wollen herausfinden, was hinter dem Hype um das neue Audio-Netzwerk steckt und wieso viele Menschen den stundenlangen Meinungsaustausch mit völlig fremden Personen gerade jetzt so faszinierend finden.

Clubhouse gibt es in den USA bereits seit Anfang 2020, doch erst seit wenigen Tagen ist der Hype auch in Deutschland angekommen und verbreitet sich seitdem rasant. Besonders die beiden Online-Artikel von Bild.de und Welt.de am 18.01. und 24.01. über den Ansturm auf die neue App sowie Bodo Ramelows Auftritt bei Clubhouse befeuerten zusätzlich den Hype um die neue Social-Media-Plattform.

Wer dem Konzept von Clubhouse nicht bereits verfallen ist, wird spätestens dann neugierig, wenn das Wort „Invite“ fällt, denn ohne eine Einladung von bereits registrierten UserInnen kommt man nicht rein. Unsere Einladung kam dann doch schneller als erwartet: Beitritt per automatisierter SMS, und es konnte losgehen. 

Clubhouse Zeitverlauf des Hypes in Deutschland
Zeitverlauf des Hypes um die Social-Media-App Clubhouse in Deutschland (Quelle: Monitoring-Portal NewsRadar® )

Was ist dieses Clubhouse, und woher kommt seine Anziehungskraft?

Podcasts nicht nur anhören, sondern dabei auch mitreden können – von diesem Konzept fühlen sich Menschen mit einem aufgrund der aktuellen Lage großen Mitteilungsbedürfnis stark angezogen. Kein Wunder also, dass sich hier neben ambitionierten JungunternehmerInnen auch InfluencerInnen, Creator und Motivational Speaker tummeln. Live-Podcasts gibt es aus den unterschiedlichsten Themenbereichen wie Lifestyle, Wellness, Kunst, Unterhaltung und Reisen, aber auch technische, politische und wissenschaftliche Diskurse sind hier zu finden. Große oder kleine Gruppen, sogenannte „Räume“, können von allen UserInnen erstellt und mit einem Titel versehen werden, der das Thema des Talks festlegt. Jede/r Nutzer/in kann selbst entscheiden, ob er oder sie in einem Talk als Speaker auftreten möchte oder lieber „unten“ bei der stillen Zuhörerschaft verbleibt.

Erstaunlich ist, wie leicht es uns fällt, die beobachtende Position zu verlassen und auf Clubhouse öffentlich mitzureden. Hier ist der Ton locker, man versteht sich, diskutiert sachlich, dankt den anderen Speakern für ihre Beiträge und verhält sich zuvorkommend. Das alles erzeugt ein Gefühl von Vertrautheit und lässt den Clubhouse-Raum wie einen sicheren Ort erscheinen, an dem niemand Sorge haben muss, dass Gesagtes negativ ausgelegt wird. Allgemeine Zustimmung zu Äußerungen wird mit dem schnellen An- und Ausschalten des Mikrofons signalisiert, eine Art Applaus. Applaus für das eigene Gedankengut, die eigenen Ansichten, und bei persönlichen Themen für den eigenen Mut und die eigene Stärke. Ein besonders respektvoller Umgang herrscht vor allem in den kleineren Räumen: Man lässt die MitrednerInnen meistens ausreden, verhält sich zuvorkommend und fragt alle Teilnehmenden explizit nach ihrer individuellen Meinung zum aktuellen Thema. Aufgrund dieser plötzlichen Nähe ist es nicht verwunderlich, dass viele unserer MitrednerInnen schon nach kürzester Zeit ohne Hemmungen persönliche Erfahrungen, moralische Überzeugungen und intime Gefühle teilen. So landen in einem Raum mit dem Titel „Deep Talk“ schnell über 60 Menschen, die private Themen öffentlich verbalisieren und sich über intime Details austauschen, als wäre es das Normalste auf der Welt. Die Geschwindigkeit, mit der sich Fremde auf Clubhouse auf eine solch persönliche Ebene begeben, ist bemerkenswert. Folgt man den Menschen, deren Input besonders mit den eigenen Überzeugungen resoniert, wird man in Zukunft von der App benachrichtigt, sobald diese Personen wieder bei einem Talk dabei sind oder eigene Diskussionsräume eröffnen. Auf diese Weise haben UserInnen die Möglichkeit, sich ein eigenes Netzwerk aus inspirierenden oder einfach nur sympathischen Persönlichkeiten aufzubauen und mit diesen in Kontakt zu bleiben. 

Eine Blase der Exklusivität

Neben medial kaum einflussreichen Menschen trifft man im Clubhouse auch schnell auf erfolgreiche CEOs, Instagram-Sternchen und TV-Persönlichkeiten, die sich zu Themen wie Gründung, Karrierewegen oder Instagram-Strategien äußern und ihr Wissen bereitwillig mit allen teilen, die es hören wollen. Im Gegensatz zu Instagram, Facebook oder Tiktok bekommt man auf Clubhouse je nach Gruppengröße die Möglichkeit, mit diesen Persönlichkeiten direkt ins Gespräch zu kommen. Beeindruckend ist die Offenheit und Bereitwilligkeit, mit der sich bekannte und weniger bekannte UserInnen in lockerem Plauderton über alle möglichen Themen austauschen, ungeachtet ihrer Stellung in der Öffentlichkeit. Auf Plattformen wie Instagram, wo Follower, Likes und Kommentare viel Gewicht haben, wäre das undenkbar.

Gerade dieses Gefühl, als Pioniere ein neues und heißes soziales Netzwerk zu erkunden, zieht, wie wir aus vielen Talks heraushören können, auch die anderen UserInnen in den Bann, insbesondere zahlreiche digital-affine Menschen, die in Clubhouse den neuen Stern am Social-Media-Himmel wittern. Wo sonst kann man TV-Legende Thomas Gottschalk oder einem Star wie Paris Hilton beim ungescripteten Plaudern lauschen oder Social-Media-Experten kostenlos mit Fragen löchern?

Mit der steigenden Popularität der App und der Ausweitung des Hypes ist es fraglich, ob Clubhouse noch viel länger in seinem Blasendasein verweilen wird. Das Launch-Konzept dürften vielen Social-Media-UserInnen bekannt vorkommen: Als Google im Sommer 2011 mit dem Erweiterungsnetzwerk Google+ an den Start ging, war eine Registrierung ebenfalls nur per Einladung möglich. Im Sommer 2013 war Google+ das zweitgrößte soziale Netzwerk der Welt. Über die Jahre konnte Google+ zwar hohe Nutzerzahlen verzeichnen, aber nur wenig echtes Engagement. Als im Oktober 2018 gravierende Datenschutzprobleme aufkamen, wurde die Plattform schließlich stillgelegt. Da die App Clubhouse bereits jetzt zahlreiche Verstöße gegen die Datenschutz-Grundverordnung zeigt, könnte sie schon bald ein ähnliches Schicksal ereilen. Zudem bleibt fraglich, ob die App von Personen außerhalb der Digitalszene mit ebenso viel Enthusiasmus genutzt werden wird oder ob das Phänomen Clubhouse langfristig nur medienaffine Individuen bei der Stange halten kann.

Derzeit ist die Anwendung nur für Apple-Geräte verfügbar, doch mit der Öffnung für Android werden zunächst zahlreiche neue Mitglieder das Clubhouse bevölkern. Daher ist anzunehmen, dass die Zahl der kleinen Räume mit den allgemein steigenden Nutzerzahlen sinken wird und exklusive Panels, insbesondere mit prominenten Teilnehmern, in privater Runde zunehmend seltener werden. Doch bis dahin wird Clubhouse vom Reiz regiert, die App mühelos, exklusiv und Seite an Seite mit bekannten Stars und erfolgreichen UnternehmerInnen entdecken zu können.

Datenschutz-Debakel

Exklusivität statt Inklusion – das Clubhouse-Prinzip sorgt für eine Welle an Kritik, und das nicht nur hierzulande. Die App schließt bestimmte Personengruppen wie Android-UserInnen bisher systematisch aus und bietet auch für Gehörlose derzeit keine Alternativen an, die das Nutzen der App trotz körperlicher Einschränkungen möglich machen. Doch das größte Manko von Clubhouse ist der Datenschutz: Ohne die eigene Telefonnummer anzugeben und der Anwendung Zugriff auf die gesamte Kontaktliste zu gewähren, ist eine Registrierung nicht möglich. Laut dem Hamburger Datenschutzbeauftragten Johannes Caspar verstoße Clubhouse damit gegen die europäische Datenschutz-Grundverordnung, da mit der Kontaktlisten-Synchronisation die Daten Dritter ungefragt an die App weitergegeben werden. Zudem ist es leicht, die Kontrolle darüber zu verlieren, welche persönlichen Daten mit anderen UserInnen geteilt werden: Wir haben bereits unsere Namen, Gesichter, berufliche Interessen und Heimatstädte preisgegeben. Von anderen UserInnen erfahren wir über persönliche Wünsche und Ängste, komplizierte Werdegänge, gescheiterte Beziehungen und belastende Erkrankungen. Clubhouse wünscht bei der Registrierung ausdrücklich, dass alle UserInnen sich mit ihren realen Namen anmelden, und bisher scheint es, als würden wirklich alle dem nachkommen. Ob das Teilen dieser Informationen wohl gerade deshalb so leichtfällt, weil man die Menschen nicht kennt und daher davon ausgeht, nicht verurteilt zu werden? Oder haben wir in der Zeit des Lockdowns bloß alle ein gesteigertes Bedürfnis, unsere Meinungen und unser Befinden mit der Öffentlichkeit zu teilen, da wir alle durch das Virus im selben Boot sitzen?

Clubhouse als Lockdown-Versüßer 

Die derzeitige Popularität der Plattform ist vor allem dem Zeitpunkt ihrer Erscheinung zuzuschreiben: Mitten im Corona-Lockdown, welcher das Pflegen sozialer Kontakte quasi unmöglich macht, schlägt die Plauder-App ein wie eine Bombe. Aufgrund der Kontaktbeschränkungen scheint das Mitteilungsbedürfnis bei vielen UserInnen riesig zu sein. Die Freundlichkeit und Offenheit, die uns auf Clubhouse nahezu überall begegnen, entstehen sicherlich aus der Freude heraus, endlich wieder mit Menschen in Kontakt zu kommen und wirklich vielstimmige Diskussionen führen zu können. Der Wunsch nach tiefen und bedeutungsvollen Verbindungen findet sich in der Weise wieder, wie Speaker sich öffnen und hochpersönliche sowie philosophische Belange thematisieren. Die UserInnen von Clubhouse möchten sich mitteilen und gehört werden, lauschen ihren MitrednerInnen aber mit ebenso viel Enthusiasmus wie sie sich selbst äußern. Menschen mit schweren Schicksalen oder akuten Problemen erhalten viel Zuspruch und Hilfestellungen, während Personen mit Erfolgsgeschichten für ihre Stärke und ihr Durchsetzungsvermögen komplimentiert werden. Es scheint beinahe, als werde hier niemand verurteilt – doch da das Instagram-Profil verlinkt werden kann und somit nur einen Klick entfernt ist, ist es auch hier möglich, sich einen visuellen Eindruck und somit doch ein potenzielles Urteil zu bilden. 

Eine Werbeplattform für digitales Business

In den zahlreichen Clubs und Räumen über Themen wie Marketing, Business, Gründung oder Social Media treffen sich Experten, Fachkundige oder einfach nur Interessierte, um Erfahrungen auszutauschen, Fragen zu stellen oder Tipps zu geben. Die App wirkt wie eine Mischung aus LinkedIn, Telegram und den gängigen Podcast-Plattformen: Die Profilbeschreibungen der Speaker und Listener informieren über Beruf, Position, Fähigkeiten und Interessengebiete. Wenn bekannte oder beruflich erfolgreiche Personen einen Raum eröffnen, entsteht schnell eine größere Zuhörerschaft, welche die SprecherInnen mit geschäftlichen Fragen löchert und somit deren Position als MentorIn oder Idol auch in den Augen anderer UserInnen festigt. Die Möglichkeit, erfolgreiche und beinahe elitär wirkende Persönlichkeiten über ihre Position und ihren Werdegang ausfragen zu können, trägt zum Reiz von Clubhouse bei und ermöglicht erstmals einen direkten und kostenlosen Wissenstransfer zwischen Menschen verschiedenster Positionen und Lebensphasen. Studierende plaudern mit CEOs, während Nationalspieler die Hobbyfußballer mit Ernährungstipps versorgen und TikTok-Influencerinnen erklären, wie man sich auf der Plattform am besten positioniert. Clubhouse fungiert aber auch als verlängerter Arm von Instagram: Wenn der Account auf dem Clubhouse-Profil verlinkt wird – natürlich indem Clubhouse der uneingeschränkte Zugriff auf dieses gewährt wird – können andere UserInnen sich ein Bild von der Person machen, der sie gerade zuhören. Wer auf Instagram bereits erfolgreich ist, kann Clubhouse als ergänzende Community-Building-Maßnahme nutzen und mit den Followern oder mit Zielgruppen sowie Unternehmen ähnlicher Branchen ins Gespräch kommen.

Bisher wird auf Clubhouse viel kostenloses Wissen angeboten und verbreitet, was wohl daran liegt, dass die App selbst bisher noch keine Monetarisierungsoptionen anbietet und die plötzliche Aufmerksamkeit und Anerkennung vielen Speakern erst einmal auszureichen scheint. Das führt zwangsläufig zu Angebereien und glorifizierenden Selbstdarstellung, welche jedoch aufgrund des respektvollen Umgangs auf Clubhouse nach unserem Erleben bisher nur selten angeprangert wurden. Unterschiedlichsten Meinungen begegnet man hier im Allgemeinen mit Respekt und Toleranz, und auch die gesellschaftlichen Unterschiede zwischen Studierenden, Coaches, Stars oder CEOs spielen kaum eine Rolle. Dennoch fällt auf, dass die Absichten vieler UserInnen geschäftlicher Natur sind: Startup-GründerInnen promoten in ihren Talks das eigene Business oder versuchen, potenzielle MitarbeiterInnen anzuwerben. Ratschläge und Hilfestellungen werden hier sicherlich nicht nur aus Freundlichkeit gegeben, sondern in Verbindung mit klaren Werbeabsichten. Die Grenzen zwischen Beruflichem und Privatem verschwimmen, und beide Sphären beeinflussen sich gegenseitig.

Die vertrauliche Atmosphäre, die sich in vielen Clubhouse-Talks sehr schnell einstellt, begünstigt eine authentische Kommunikation in einem vermeintlich persönlichen Umfeld, weshalb das Potenzial von Clubhouse als Werbeplattform nicht unterschätzt werden sollte. Gleichzeitig sind nicht-geschäftliche UserInnen leichter beeinflussbar und lassen sich somit unbewusst auf Verkaufsgespräche ein, was auf offener Straße viel unwahrscheinlicher wäre. Gerade für Network-Marketer ist Clubhouse daher die ideale Plattform, um neue Kontakte zu knüpfen und das eigene Business anzupreisen. Dennoch ist es gerade in dieser frühen Phase der App gut möglich, sich aus verschiedensten Bereichen Wissen anzueignen und mit ExpertInnen oder EntscheiderInnen ins Gespräch zu kommen, zu denen man ansonsten, vor allem in der Berufsausbildung, keinen Zugang hätte. Clubhouse-Talks haben Webinar-Charakter, bieten einen echten Mehrwert und können somit über das Teilen wertvoller Informationen das Interesse potenzieller KundInnen oder MitarbeiterInnen wecken. Zudem besteht die Chance, sich durch das Knüpfen von Kontakten neue potenzielle Karrierewege zu eröffnen und ein verstärktes privates Interesse für berufliche Belange zu entwickeln.

Pikante Berichterstattung

Nicht nur für den Wissensaustausch oder kaschierte Werbezwecke kann die App genutzt werden: Der Clubhouse-Auftakt von Personen des öffentlichen Lebens hat auch die Aufmerksamkeit der Presse geweckt, welche mit der App über eine neue und vor allem direkte Informationsquelle verfügt. Denn die ein oder andere bekannte Persönlichkeit lässt sich von der trügerischen Vertraulichkeit in den Panels zu unüberlegten Äußerungen und lockeren Scherzen verleiten, wie es jüngst dem Thüringer Ministerpräsidenten Bodo Ramelow passierte: In vermeintlich persönlicher Runde äußerte er sich unangemessen scherzhaft zu den Corona-Krisensitzungen, witzelte über Angela Merkel und sang sogar einige Lieder. Diesen Auftritt nutzte Johannes Boie, Chefredakteur der Welt am Sonntag, prompt für eine öffentliche Vorführung und prangerte Ramelows Aussagen angesichts der aktuellen Lage als höchst unangebracht an. Auch von anderen Parteien und aus dem eigenen Kabinett erhielt der Linke-Politiker Kritik: Seine Aussage, er würde während der Ministerpräsidentenkonferenz Candy-Crush spielen, sei respektlos und ein Zeugnis der Amtsmüdigkeit, so Thüringens CDU-Chef Christian Hirte. Ramelow verharmlose mit seinem Verhalten den Ernst der Corona-Pandemie und entziehe den Menschen das Vertrauen in die Krisensitzungen. Durchdachte Kommunikation sollte also auch in vermeintlich lockeren Clubhouse-Plaudereien nicht vernachlässigt werden.

Clubhouse Hashtag Cloud pressrelations
Hashtag Cloud aus den Online-Medien zur Social-Media-App Clubhouse (Quelle: Monitoring-Portal NewsRadar® )

Wieso ist das Clubhouse-Konzept besser als das von Facebook, Instagram & Co.?

Die private Atmosphäre in vielen Clubhouse-Räumen ist kaum mit jener in anderen sozialen Netzwerken vergleichbar und übersteigt durch den Live-Charakter und die Mitsprachemöglichkeit sogar das persönliche Level konventioneller Podcasts. Im Gegensatz zur inszenierten Bilderwelt auf Instagram bieten viele Clubhouse-Inhalte einen echten Mehrwert, und der Audio-Eindruck steht im Vordergrund. Da die UserInnen zunächst nur mit ihren Stimmen, Namen und Profilbildern auftreten und es keine Video-Option gibt, entsteht die hartnäckige Illusion, dass man ja doch nicht zu viel von sich preisgibt, was aber durch persönliche Statements natürlich doch der Fall ist. Generell scheint die Hemmschwelle, persönliche Details mit anderen zu teilen, in direkten Gesprächen viel geringer zu sein als in Textformaten wie beispielweise auf Twitter oder Facebook. Während das Geschriebene bleibt, ist das Gesagte so schnell verklungen, wie es geäußert wurde, und kann daher nicht zu fragwürdigen Zwecken missbraucht werden – es sei denn, es wurde aufgenommen. Doch das weiß Clubhouse zu verhindern, indem eine Warnung angezeigt wird, sobald der Knopf zur Bildschirmaufnahme angeklickt wird. Inwiefern Clubhouse die Talks jedoch selbst aufzeichnet, ist nicht ganz klar und aus datenschutzrechtlicher Sicht höchst problematisch.

Fazit – Top or Flop?

Obwohl die App Gefahren birgt, wie den Missbrauch sensibler Daten, ungewollte Beeinflussung der UserInnen durch verschleierte Werbeabsichten sowie das leichtfertige Teilen privater Informationen und unangemessener Äußerungen, ist ihr Potenzial nicht zu unterschätzen. Clubhouse erleichtert den Wissenstransfer zwischen Menschen aller gesellschaftlicher Positionen und Unternehmen verschiedenster Branchen, eröffnet neue Sphären der Weiterbildung und schafft soziale Austauschmöglichkeiten, die wir alle in diesen Zeiten nötiger haben denn je. Die Exklusivität der App steigert den Hype momentan ins unermessliche, während die Inklusion auf der Strecke bleibt. Die Infrastruktur von Clubhouse begünstigt das Entstehen einer vermeintlichen „Elite“, die sich auch als solche begreift und als Pioniergemeinschaft gesehen werden will. Doch dieses Phänomen sollte sich mit der Öffnung der App für Android-Geräte sowie ihrer weiteren Verbreitung neutralisieren. Problematisch wird es auch, falls Rechtsradikale oder Querdenker-Gruppen die App für sich entdecken und das Live-Podcast-Format dazu nutzen, sich öffentlich zu organisieren. Hier ist es Aufgabe der Entwickler, jegliche Art des Missbrauchs zu verhindern. Zudem ist zukünftig eine Kommerzialisierung der App denkbar, wobei der problematische Datenhandel dafür sorgen könnte, dass Werbeanzeigen nicht benötigt werden. Daher bleibt abzuwarten, ob sich die App aufgrund der Verstöße gegen die Datenschutz-Grundverordnung in Deutschland überhaupt langfristig halten wird, doch da sich Clubhouse noch in der Beta-Version befindet, bleibt die Option auf Änderungen offen. Prinzipiell hat Clubhouse aufgrund der innovativen Struktur und der hohen positiven Resonanz durchaus Potenzial, das „nächste große Ding“ zu werden und sich einen festen Platz neben Instagram, Facebook & Co. zu sichern.

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